Schönes Wochenende? Nicht in China!
Seit der Rückkehr des TRENDBEOBACHTERS aus China hat sich der Blick von Mathias Haas auf unsere Arbeitsweise – und ja, auch auf sich selbst – grundlegend verändert. Der Zukunftsexperte wird nicht mehr wie früher freitags ab 9 Uhr fröhlich „Schönes Wochenende“ wünschen. Nicht, weil Haas kein schönes Wochenende mehr will, sondern weil dem Zukunftsforscher eines klar geworden ist: Wir haben keine Zeit, uns zurückzulehnen. Die Uhr tickt schneller, als wir denken, und die Konkurrenz schläft nicht. Vor allem in China!
Zukunft? In China längst Alltag
China hat ihm eines gelehrt: Was wir für die Zukunft halten, ist dort bereits Realität. Und das gilt (teilweise) auch für die USA. Oder welche Innovation hat Elon Musk gestern vorgestellt? #Robocab #RoboVan Spoiler Alert: Solche Lösungen fahren in China in deutlich größeren Stückzahlen und nicht auf Privatgelände wie in Los Angeles (Warner Bros. Studios). Grob gesagt: Die Technik ist nicht das Problem, es fehlt an der entsprechenden Regulierung – übrigens auch in China.
Was hierzulande oft als technische Revolution und Innovation bezeichnet wird, ist in China längst auf der Überholspur. Das wurde bei der Delegationsreise Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus sowie der BW-International glasklar aufgezeigt. Besonders beeindruckend waren die Besuche bei AutoX, Thundersoft, Momenta.ai, Huawei, Whale Dynamic und Pateo CONNECT+.
Was den TRENDBEOBACHTER dort erwartete, waren keine Ansammlung von Prototypen oder vagen Visionen, sondern funktionierende, marktreife Produkte, mehrere Testfahrten – und das auf einem Niveau, das uns in Europa herausfordert. Und deutsche Automobilhersteller beliefert. Zum Beispiel in der nächsten S-Klasse von Mercedes. Beste Grüße an Momenta.ai in Peking wie in Böblingen.
Die Chinesen haben den Begriff „Premium“ für sich neu definiert. Es ist, als hätten wir uns mit Corona beschäftigt und China hat ohne Unterlass gearbeitet.
Und sie liefern schnell, effizient und vor allem in einer Qualität, die keine Kompromisse zulässt. Ein Beispiel, das nachhaltig in Erinnerung geblieben ist: AutoX, eines der führenden Unternehmen im Bereich autonomes Fahren. Hier wurde deutlich, was es bedeutet, wenn Innovation in atemberaubendem Tempo umgesetzt wird. Ein einziges Fahrzeug von AutoX sammelt pro Tag ein Terabyte an Daten – und das natürlich in Echtzeit. Trotzdem ist es möglich, innerhalb von drei Monaten einen neuen Standort zu eröffnen. Selbstfahrende Autos in Stuttgart? „Geben Sie uns – 3 – Monate“, wäre wohl die relativ entspannte Reaktion. Währenddessen diskutieren wir in Deutschland über einzelne Teststrecken und Datenschutz, während in China die Systeme bereits in sehr vielen (!) Städten getestet werden.
Fazit:
Wir müssen lernen, dass Geschwindigkeit und Qualität keine Gegensätze sind. Die Zukunft kommt nicht auf uns zu – sie ist schon da und sie entwickelt sich schneller, als wir es für möglich halten. Folgerichtig sollten wir unsere große Freiheit (endlich) zu 100 % (aus)nutzen. Wir dürfen – mit dieser Freiheit – radikalste Abkürzungen nehmen, absolut verrückte Elemente kombinieren, Dinge auf den Kopf stellen. Punkte verbinden, wo keine Verbindungen zu sehen sind. Genau das müssen wir tun, denn Durchschnitt verkauft sich schlecht! Und die globalen Wettbewerber (allen voran China!) sind sehr gut geworden und arbeiten atemberaubend strategisch.
Noch einmal:
Es ist an der Zeit, Dinge zu tun, die andere sich nicht vorstellen können und oft auch nicht vorstellen dürfen. Echte und radikale Innovation ist der Weg nach vorn! Voller Ehrgeiz, egal wie groß und variantenreich die „Nebelkerzen“ im eigenen Unternehmen sind und egal wie schlimm z.B. die Bürokratie ist.
Tempo und Druck: Chinas tägliches Geschäft
Ein weiteres Learning, das Mathias Haas von seiner Reise mitnimmt, ist das Verständnis für die Geschwindigkeit, mit der die chinesische Industrie arbeitet. Während wir uns hier auf langwierige Prozesse einstellen, dauert es in China nur zwei bis drei Monate, um in einem neuen Markt Fuß zu fassen.
Die Entwicklung eines neuen Autos dauert bei uns 7-8 Jahre, die chinesische Konkurrenz agiert in einem Jahr.
1 Jahr!
Natürlich gibt es nicht nur Schwarz und Weiß. So berichtete Jongil Park von der Hyundai Motor Company erst am 9. Oktober auf der ETAS Connections in Stuttgart, dass der Autohersteller inzwischen mehr als 20.000 virtuelle Testkilometer in einer Stunde zurücklegt und damit drei bis vier Monate einspart. Auch dank der Zusammenarbeit mit ETAS, der Softwaretochter der Robert Bosch GmbH.
Zurück zu China:
Die rasante Expansion in Auslandsmärkte geht einher mit einem Effizienzdruck, der in fast allen Branchen zu massiven Kostensenkungen führt. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Aber anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen, sollten wir bei uns selbst anfangen. Warum schaffen wir es nicht, diese Geschwindigkeit zu erreichen? Schlussendlich macht genau diese mächtig Spaß… Warum sind unsere Innovationsprozesse oft so langsam und schwerfällig? Warum sind Transformationsprozesse so zäh – die Ängste so groß? Und sind das alles wirklich gute Erklärungen? Können oder wollen wir sie uns leisten?
Chinas Service, unser Wunschdenken
Besonders beeindruckt hat den internationalen Schwaben die Serviceorientierung der chinesischen Unternehmen. Ob Hotellerie, Mobilität oder digitale Dienstleistungen – immer steht der Kunde im Mittelpunkt. In einem so technikverliebten Land wie China hätte der Zukunftsexperte erwartet, dass die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Service ist in China kein Zusatz, sondern eine Selbstverständlichkeit. Alles wird getan, um den Kunden zu begeistern. Ein Beispiel? Einmal wurde der bereits ausgehandelte Late-Check-Out vom Hotel proaktiv und völlig überraschend verlängert – einfach per Anruf! 30 Minuten extra. Ohne Berechnung. Das ist DEM TRENDBEOBACHTER in über 50 Jahren noch nie passiert.
Es mag trivial klingen, aber genau hier liegt der Schlüssel zum Erfolg: #Kundenorientierung und #Flexibilität. Diese Haltung ist nicht nur für Dienstleister entscheidend, sondern auch für die großen Technologie- und Automobilunternehmen, die auf den Markt drängen. Oft scheint das der einzige Weg zu sein, denn preislich sind unsere Unternehmen meist abgeschlagen. #Subventionen
Während wir in Deutschland oft durch starre Prozesse und Strukturen gebremst werden, reagiert man in China agil und schnell auf die Bedürfnisse des Marktes.
Vertikale Integration – Effizienz in Reinform
Ein weiteres großes Learning: Die vertikale Integration der chinesischen Industrie. Nicht nur bei Batterien. Unternehmen wie BYD oder Huawei sind nicht nur in ihrer eigenen Branche tätig, sondern kontrollieren weite Teile ihrer Lieferkette selbst.
Sie sind echte „Maschinen“!
Sie sind echte „Maschinen“!
Das bedeutet, dass sie unabhängiger, flexibler und letztlich schneller agieren können. BYD zum Beispiel, ein Gigant in der Produktion von Elektroautos (aber auch Verbrenner!), hat seine Lieferkette so optimiert, dass er 70% aller Batterien für Elektroautos liefern kann – und das weltweit. Nur als „Fun Fact“: Laut GTAI werden alleine CATL und BYD als NEV-Batteriehersteller im ersten Halbjahr 2024 einen Weltmarktanteil von 70 Prozent haben.
#Donnerwetter
Hier stellt sich die Frage: Warum gelingt es uns in Europa nicht, diese Art der Integration in ähnlichem Maße umzusetzen? Es liegt nicht daran, dass uns die Fähigkeiten fehlen. Vielmehr fehlt oft der Mut, in neue Strukturen zu investieren, die unsere Unternehmen effizienter und agiler machen könnten. Opfer zu bringen? Zu lernen? Zuhören? Auch einem Chinesen zuzuhören? Oder gar der Kollegin der chinesischen Tochtergesellschaft?
Leider demontiert sich selbst Northvolt – die große Hoffnung Europas – gerade selbst. Von Windrädern und Wärmepumpen mal ganz zu schweigen. Die Liste ist lang und für viele schon langweilig.
Nochmals: “China Speed” und der gnadenlose Wettbewerb
An dieser Stelle möchte der Zukunftsexperte auf eine Erkenntnis eingehen, die Haas im Gespräch mit Miriam Wickertsheim noch einmal vertiefen konnte. Frau Wickerstheim, General Manager bei Direct HR, kennt China aus erster Hand. Sie kennt beide Welten in- und auswendig. Und sie betonte auch aus “HR-Sicht”, dass der “China Speed” oft unterschätzt wird. Die Unternehmen dort agieren nach dem Motto „drei Schritte vor, zwei zurück“. Rückschläge gehören dazu, aber das Ziel ist immer klar: Vorwärts, und zwar schnell. In fünf Jahren werden wir sehen, dass sich chinesische Unternehmen in Europa noch besser angepasst haben – aber ihr Tempo wird nicht nachlassen. Es bleibt dynamisch, es bleibt schnell.
Gleichzeitig wird oft angenommen, dass Unternehmen in China perfekt koordiniert handeln, fast so, als würden sie einer zentralen Agenda folgen. Dem ist aber nicht so, sagt nicht nur die Personalexpertin aus Shanghai. Was China wirklich antreibt, ist ein brutaler Wettbewerb – nicht nur zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen Regionen und Bezirken. Dieser Wettbewerb ist so intensiv, dass er die Menschen zu Höchstleistungen antreibt. Wer nicht liefert, fällt zurück. Erst recht, wenn die Arbeitslosigkeit steigt und die Immobilienkredite bedient werden wollen. Das System bringt Spitzenleistungen hervor, denn alles andere reicht nicht aus, um in diesem Umfeld zu bestehen!
Selbstreflexion: Was ich ändern muss?
Diese Delegationsreise hat nicht nur das Bild von China verändert (die letzte CHINA MINDSET TOUR von Mathias Haas findet 2019 statt), sie hat auch meine eigene Arbeitsweise radikal in Frage gestellt. Haas wird wieder härter arbeiten, offener und – ja – ungeduldiger werden. Braucht es zivilen Ungehorsam, um erfolgreich zu sein? Ein steiler Gedanke … den wir besser später diskutieren.
DER TRENDBEOBACHTER und die PLAY SERIOUS AKADEMIE möchten chinesische Kunden gewinnen und sie bei ihrem Auftritt hier in Deutschland unterstützen. Es wird Zeit, dass wir aufwachen und mehr voneinander lernen. Die Chinesen warten nicht, sie handeln. Und wir? Wir sollten aufhören, uns ein „schönes Wochenende“ zu wünschen, während die Welt um uns herum Vollgas gibt.
Eines ist nach dieser Reise klar:
DER TRENDBEOBACHTER kommt wieder. Die Delegationsreisen werden weitergehen und Mathias Haas und sein Team werden weiter lernen, was es heißt, global zu denken und zu handeln!
China zeigt den Weg – jetzt sind wir dran!
Es gibt viel zu tun.
P.S. Das alles bedeutet übrigens nicht, dass man in China investieren -muss-. Es gibt auch Unternehmen, die bewusst nur (noch) in Europa produzieren oder aktiv sind. Viele Wege führen nach Rom oder Shenzhen.
DER TRENDBEOBACHTER ist kein gewöhnlicher Trendforscher und auch kein gewöhnlicher Zukunftsforscher. Mathias Haas und sein Team sind Zukunftsbegleiter. Im Hier und Jetzt. Denn heute müssen Entscheidungen für morgen getroffen werden. Dafür sind Mathias Haas und seine PLAY SERIOUS AKADEMIE da.