Machtübergabe ohne Friedhof – Wer zu spät loslässt, vererbt Stillstand

Wer an „Unternehmensübergaben“ denkt, sieht oft ein Erbe: grauhaarige Patriarchen, die symbolisch den Schlüssel übergeben – oft spät, oft zögerlich, manchmal nie. Und wenn doch, dann bitte so, dass sich nicht zu viel verändert. Eine Unternehmensnachfolge gleicht dann eher einer Beerdigung – der neuen Ideen nämlich. Das jedenfalls hat der Zukunftsbegleiter Mathias Haas mehrfach erlebt. Regelmäßig. In der Beratung und als Redner.

Aber genau das ist das Problem. Ein Stabwechsel ohne Friedhof ist möglich. Und notwendig. Und so logisch!

Was wir brauchen, ist kein ewiger Grabstein für alte Geschäftsmodelle, sondern frische Erde, die Gießkanne in der Hand und Platz für neues Wachstum.

Totgesagte leben länger – oder auch nicht.

Man sieht sie überall: Unternehmen, die offiziell noch existieren, innerlich aber längst mumifiziert sind. Warum? Weil Aufsichtsräte, Kapitalgeber oder Eigentümer – oft selbst schon im Ruhestand oder kurz davor – lieber den Status quo verwalten, als echte Entwicklung zuzulassen. Weil sie geduldiges Kapital nur vom Hörensagen kennen und langfristig-zeitgemäße Strategien für Zeitverschwendung halten.

„Wir müssen Risiken minimieren“, hat Mathias Haas nicht nur einmal gehört. Aber was meinen sie wirklich? Wir wollen keine Verantwortung für Entscheidungen übernehmen, deren Früchte wir nicht mehr ernten können? Das wäre nicht nur schade, sondern auch gefährlich. Für das eigene Lebenswerk.

AGI steht vor der Tür – und sie tritt nicht leise ein.

Während hierzulande noch diskutiert wird, ob ChatGPT „zu viel halluziniert“, basteln andere längst an der industriellen Revolution 2.0. Und die beginnt nicht mit Maschinen, sondern mit Denkern aus Silizium.

Die kommenden Systeme – AGI, Artificial General Intelligence – werden nicht nur einzelne Aufgaben lösen. Sie lernen aus Erfahrung, verknüpfen Wissen über Disziplinen hinweg und handeln selbstständig. Mathematik, Biologie, Chemie, Philosophie, sogar Poesie – alles in einem System. Und: Sie hören nie auf zu lernen. Auch nachts nicht.

Besonders betroffen: die so genannten „White Collar Workers“.

Also Büroangestellte, Projektleiterinnen, Analytikerinnen – Menschen, die bisher glaubten, der technische Wandel treffe zuerst die Blaumann-Fraktion. Falsch gedacht. Schon heute zeigen Statistiken, dass Beschäftigte in Unternehmen mit hoher KI-Durchdringung

•             geringere Lohnzuwächse verbuchen,

•             und überproportional häufig von Umstrukturierungen und Kündigungen betroffen sind.

Bisher als sicher geltende Rollen – zwischen Strategie, Reporting und Stakeholder-Management – werden zunehmend von intelligenten Agenten übernommen. Und das nicht erst in zehn Jahren, sondern: jetzt.

Und China? Ist schon weiter. Viel weiter.

Der chinesische Technologiekonzern Fourier Intelligence stellte 2024 seinen humanoiden Roboter GR-1 vor – 1,65 Meter groß, 55 Kilogramm schwer und: modular vernetzt mit Sprachmodellen auf AGI-Niveau. Ziel: Produktion, Pflege, Service. In Serie. Ab 2025 sollen erste Pilotanlagen mit diesen Robotern arbeiten. Auch in Europa.

Baidu, Xiaomi und UBTECH investieren ebenfalls Milliarden in humanoide Robotik – mit deutlicher staatlicher Unterstützung. In Europa? Wird diskutiert. Über Ethik. Und über Regulierung. Beides wichtig – aber kein Ersatz für eine marktfähige Antwort.

Zwischenfazit dieser Entwicklung:
Die Innovationswelle wartet nicht, bis wir bereit sind. Sie rollt längst durch die Wertschöpfungsketten. Unternehmen, die jetzt nicht reagieren, werden bald reagieren müssen – unter Druck. Oder sie werden ersetzt. Nicht durch Wettbewerber. Sondern durch Systeme.

Veränderung braucht Risikobereitschaft.

Hand aufs Herz: Wie viele Managementteams verstecken sich hinter Folien, Berichten und Buzzwords? Die wirklich brennenden Fragen bleiben meist außen vor:

  • Ist unser Geschäftsmodell auch in fünf Jahren noch relevant?
    • Haben wir einen Plan für AGI – außer „abwarten“?
    • Wer im Unternehmen versteht diese Technologie überhaupt in der Tiefe?

Und genau hier liegt der Hase im Pfeffer: Die meisten Unternehmen wollen Innovation – aber bitte ohne Reibungsverluste, ohne Risiko, ohne Schweiß. Aber so funktioniert das nicht. Wirklich nicht.

Innovation ist kein Versehen – sie braucht Schutzräume und „Spielgeld“.

Die wenigen, die echten Innovationen in Unternehmen vorantreiben, haben oft mehr Gegner im eigenen Haus als auf dem Markt. Sie sind unbequem, stellen Fragen, bringen Unruhe. Aber sie sind Gold wert.

Beispiel? Bei einem mittelständischen Maschinenbauer in Baden-Württemberg hat ein 32-jähriger KI-Experte eine autonome Analyseplattform eingeführt, die Maschinenfehler vorhersagt, bevor sie auftreten. Ergebnis: 24 Prozent weniger Ausfallzeiten. Sein Lohn? Zwei Jahre Widerstand aus der Chefetage – „weil wir das nicht kennen“.

Solche Leute brauchen Schutz. Und Unterstützung von ganz oben.

Führung ist kein Pokal – sondern ein Auftrag.

Wenn Aufsichtsräte und Inhaber:innen Entscheidungen nur noch durch den Rückspiegel treffen, verlieren sie den Blick auf die Straße. Im Klartext: Wer führen will, muss auch loslassen können. Wer Innovation will, muss Unsicherheit aushalten. Und wer nachfolgende Generationen ins Spiel bringen will, darf nicht ewig die erste Geige spielen.

Die Führungskräfte von morgen brauchen heute Freiräume. Sie brauchen Kapital, das keine sofortige Dividende verlangt, sondern Sinn. Budgets für Irrwege, nicht nur für Ziele. Und vor allem: eine Unternehmenskultur, die sich nicht selbst besiegt.

Fazit DES TRENDBEOBACHTERS:
Kein Friedhof – ein Gewächshaus muss her.

Wir brauchen keine Machtübergaben mit Trauermarsch. Wir brauchen Staffelstäbe, keine Grabsteine. Es ist Zeit, Unternehmen wieder zu lebendigen Systemen zu machen – statt zu Museen des Altbewährten.

Dazu braucht es nicht nur junge, mutige Führungskräfte. Sondern auch alte, mutige Entscheider:innen, die wissen: Das größte Vermächtnis ist nicht die eigene Ära – sondern die nächste Generation, die über sich hinauswachsen darf.

Machtübergabe ohne Friedhof?

Ja, aber nur, wenn wir auch bereit sind, das Gewächshaus zu bauen – und nicht weiter den Friedhof zu pflegen

Ja, aber nur, wenn wir auch bereit sind, das Gewächshaus zu bauen – und nicht weiter den Friedhof zu pflegen. Und das gilt vor allem für die älteren Entscheidungsträgerinnen und -träger – wer hätte das gedacht?

Mehr über die Zukunftsforschung von Mathias Haas und seinem Team erfahren Sie unter www.trendbeobachter.de

Denn der Unterschied zwischen DEM TRENDBEOBACHTER und den üblichen Trendforschern, den klassischen Zukunftsforschern, ist groß und entscheidend.

Deshalb ist auch die PLAY SERIOUS AKADEMIE unter www.play-serious.org erwähnenswert. Hier wird Transformation Wirklichkeit. Denn Veränderung und Innovation sind (auch!) soziale Prozesse. Die Seele reist mit. Hier wird mit Menschen gearbeitet!